Tuesday, June 17, 2008

Magenhormon stimuliert das Gehirn

Das Hormon Ghrelin wird im Magen gebildet, wenn die Energiebilanz negativ ist, also schon länger nichts mehr gegessen wurde. Das Hormon löst im Gehirn eine Hungerempfindung aus. Nach der Nahrungsaufnahme sinkt der Ghrelin-Spiegel wieder ab, um dann regelmäßig wieder anzusteigen. Die Verbindung zwischen Magen und Gehirn durch das Polypeptid legt nahe, dass man hier möglicherweise ein Mittel gefunden hat, um das Hungergefühl von Übergewichtigen zu stoppen, indem die Produktion von Ghrelin im Magen unterbunden wird. Allerdings könnte, wie nun US-Wissenschaftler herausgefunden haben, die Unterdrückung des Hormons auch unerwünschte psychische Folgen haben.

Für ihre Studie, die in Nature Neuroscience erschienen ist, haben die Wissenschaftler Mäuse auf Diät gesetzt. Sie erhielten 10 Tage lang nur 60 Prozent der normalen Kalorien. In dieser Zeit nahm der Ghrelin-Spiegel um das Vierfache zu. In den Schwimm- und Labyrinthtests zeigten die Mäuse weniger Angst und Zeichen von Depression als die der Kontrollgruppe, die so viel fressen konnten, wie sie wollten. Die beobachteeten Unterschiede können nicht, so die Wissenschaftler, auf Unterschiede in der sensomotorischen Koordination, der allgemeinen lokomotorischen Aktivität oder des Körpergewichts zurück geführt werden.

Auch wenn Mäusen Ghrelin injiziert wurde, Zeigten sie in den Experimenten kurz darauf weniger Symptome von Angst und Depression als die Mäuse, denen nur eine Kochsalzlösung injiziert wurde. Bei Mäusen, die chronischem Stress ausgesetzt wurden, was zu anhaltenden Verhaltensveränderungen führt, die mit Antidepressiva behandelt werden können, wird offenbar mehr Ghrelin ausgeschüttet. Dadurch nehmen sie mehr Nahrung auf, was ihnen helfen könnte, so vermuten die Wissenschaftler, mit dem Stress besser zurechtzukommen und Depression sowie Angst nicht zu stark werden zu lassen. Möglicherweise spielt der beoachtete neurobiologische Mechanismus zwischen dem Magenhormon und dem Gehirn auch eine Rolle bei der Magersucht (Anorexia nervosa). Menschen, die darunter leiden, haben erhöhte Ghrelin-Werte.

Die antidepressive Wirkung von Ghrelin könnte nach Ansicht der Wissenschaftler Orexin-Rezeptoren im Hippocampus aktivieren. In Mausmodellen, die Orexin nicht aufnehmen können, lassen sich zumindest die antidepressiven Wirkungen des Hormons nicht feststellen. Aus anderen Untersuchungen ist bekannt, dass Orexin auch mit Fettleibigkeit zu tun hat. Menschen mit vielen Orexin-Rezeptoren bewegen sich häufiger und sind deswegen schlanker.

Florian Rötzer17.06.2008

http://www.heise.de/tp/blogs/3/109516

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